„Ihr seid wichtig! Ihr bestimmt über die Schule mit!“
Kinderkonferenz (Kiko) und Klassenrat
Zielsetzung:
„Kinder beim Heranwachsen zu mündigen Bürgern einer demokratischen Gesellschaft zu unterstützen ist eine zentrale Aufgabe der Schule.“[1]
Uns ist es wichtig, den Kindern zu zeigen, dass sie mitbestimmen und dass wir ihnen Verantwortung zutrauen. Sie sollen erleben, dass ihre Meinung ernst genommen und ihre Argumente gehört werden. Die Anliegen der Kinder sollen gerecht verhandelt werden und die Kinder sollen die Konsequenzen ihrer getroffenen Entscheidungen erleben können.
In Kinderkonferenz und Klassenrat haben wir i.d.S. zwei geeignete Beteiligungsstrukturen gefunden. Hier erhalten die Kinder wichtige Informationen. Sie können sich demokratisch am System Schule beteiligen, ihre Interessen vertreten und Unterricht und Schulleben durch Mitentscheiden und die selbstverantwortliche Umsetzung ihrer Ideen aktiv mitgestalten.
Zur Kinderkonferenz:
An unserer Schule werden in allen Klassen nach den Herbstferien je ein Klassensprecher sowie ein Stellvertreter gewählt, die sich aktiv für die Interessen ihrer Klassenkameraden einsetzen sollen. Alle gewählten Klassensprecher bilden die Kinderkonferenz (Kiko). Diese wird von einem Mitglied der Lehrerkonferenz als lerngruppenübergreifendes Gremium betreut. Seit dem Schuljahr 2015/16 übernimmt Frau Feyder gemeinsam mit Frau Herrmann die Betreuung der Kinderkonferenz.
Einmal im Monat (meist am ersten Montag in der dritten Stunde) treffen sich die Klassensprecher mit dem Leitungsteam und beraten über anliegende Themen. Die Themen werden im Vorfeld bekannt gemacht (Einladung mit Tagesordnung) und die Lehrkräfte stellen die gewählten Vertreter aus dem Unterricht dafür frei. Wichtig ist, dass in der Kiko nur das besprochen wird, was die Kinder aller Klassen betrifft.
Dabei sollen die Kinder in der Kiko
- über die Themen des Schullebens und der Erwachsenengremien in kindgemäßer Form informiert werden
- selber Themen einbringen, über die sie diskutieren wollen (z.B. Hausaufgabenumfang)
- Wünsche formulieren, deren Umsetzung bei den Erwachsenen liegt (z.B. Schulhofgestaltung) - diese werden dann von der betreuenden Lehrkraft wiederum in die Lehrerkonferenz getragen
- ihre Meinung zu anstehenden Themen äußern. Dabei ist wichtig, dass die Kinder hierbei ein Anhörungsrecht haben, aber kein alleiniges Entscheidungsrecht.
- an Vorhaben aktiv beteiligt werden (z.B. Vorhaben organisieren)
- eigene Vorhaben eigenständig planen und umsetzen (z.B. Bayblade-Turnier)
Wir bemühen uns um einen guten Informationsfluss zwischen den einzelnen Mitwirkungsgremien (e-mail-Verteiler, Kiko als fester Tagesordnungspunkt der Lehrerkonferenz und des Klassenrates). Es gibt zudem eine Informationswand zur Kinderkonferenz, auf der die Fotos aller Klassensprecher und Vertreter zu sehen sind und an der immer das aktuelle Protokoll sowie die Einladung zur nächsten Kiko zu finden sind.
Zum Klassenrat:
Will man die Mitsprache der Schüler im größtmöglichen Umfang erreichen, dann muss diese auch Fragen des Unterrichts (Mitsprache bei der Wahl von Themen, Arbeitsformen, Methoden) und der Gestaltung des sozialen Lebens in der Klasse betreffen. Hier hat der Klassenrat seinen Platz, denn im Klassenrat übernehmen Schüler die Verantwortung für das Zusammenleben in der Klasse. Zudem stellt der Klassenrat das Verbindungsglied zwischen Klasse und Kiko dar. Hier kann über Eingaben für die Kiko beraten und über Vorschläge der Kiko informiert werden.
Die Einführung von Klassenräten wurde deshalb durch die Kiko im November 2012 angeregt und dann in der Lehrerkonferenz beraten. Zwar gab es auch zuvor Gesprächskreise in den einzelnen Klassen, diese basierten aber auf keinerlei einheitlichen inhaltlichen, zeitlichen oder methodischen Vorgaben. Wichtig war uns deshalb, ein möglichst einheitliches Konzept zu finden, das in allen Klassen verbindlich zum Einsatz kommt. Dieses Konzept ist dabei als vorgegebene Linie im Sinne einer Stütze zu verstehen. Jede Klasse ist aufgerufen, diese Linie zu erproben und ihre spezifische Form zu entwickeln.
Vorgegeben ist für alle Klassen eine verbindliche, dem Klassenrat vorbehaltene Zeit.
Zum Klassenrat versammelt sich die Klasse im Kreis um die große Tischplatte. Dabei ist der Klassenrat eine Stunde der Kinder, in der die Klasse alle Angelegenheiten klären kann, die für die Schüler wichtig sind. Die Kinder bestimmen die Themen, die besprochen werden. Sie äußern Wünsche („Ich wünsche…), würdigen Positives („Ich lobe…“) und bearbeiten Probleme („Ich kritisiere…“).
Jede Klasse besitzt ein Klassenratsbuch, in dem die Kinder im Laufe einer Woche die Themen eintragen können, über die sie sprechen möchten (schreiben oder malen). Die Kinder dürfen sich dieses Buch jederzeit nehmen. Das stört den Unterricht nicht. Vielmehr sorgt es dafür, dass das akute Problem dem Kind schon ein Stück weit weggenommen wird. Die Kinder lernen außerdem, sich damit abzufinden, dass ihr Anliegen nicht sofort, sondern erst mit zeitlicher Verzögerung thematisiert wird (Training der Frustrationstoleranz). Die Einträge der Kinder müssen mit dem jeweiligen Namen unterzeichnet werden, das ist wichtig für den Gesprächsverlauf beim Klassenrat. Die Kinder werden dabei immer wieder dazu angehalten, nicht nur Konflikte, sondern Lob, Kritik und Wünsche aufzuschreiben. Als Regel gilt, dass nur ernst gemeinte und sachliche Dinge eingetragen werden; Beleidigungen und Beschimpfungen haben im Klassenratsbuch nichts zu suchen.
Bei der Klassenratssitzung werden die Themen in der Reihenfolge besprochen, in der sie im Klassenratsbuch vorkommen. Nicht erledigte Themen werden bei der nächsten Sitzung abgearbeitet.
Die Leitung des Klassenrats obliegt den Klassensprechern. Ein Klassensprecher konzentriert sich dabei auf den Gesprächsverlauf, der andere organisiert das Drannehmen. Zudem gibt es einen Protokollvorleser, der zu Beginn des Klassenrats das Protokoll der letzten Sitzung vorliest und fragt, ob die Absprachen geklappt haben. Zwei Regelwächter achten darauf, dass die abgesprochenen Regeln eingehalten werden. Die Regelwächter melden sich bei Regelverstößen mit beiden Händen und sind sofort dran zu nehmen. Sie sprechen dann das betreffende Kind direkt an. Ein Zeitwächter achtet darauf, dass die Zeit effektiv genutzt wird. Er erinnert ab und zu an die zur Verfügung stehende Zeit und verhindert, dass Diskussionen allzu sehr in die Länge gezogen werden.
Die Ämter werden rotierend und auf freiwilliger Basis vergeben. Das Amt der Klassenratsleitung obliegt den Klassensprechern, da sie so genügend Übung haben, um die Kinderkonferenz im Rotationsverfahren leiten zu können. Außerdem stärkt es die Bedeutung der Klassensprecher. Der Lehrer wird in der Klassenratsstunde zum normalen Gesprächsteilnehmer, d.h. wenn der Lehrer etwas einbringen will, muss er ebenfalls das Klassenratsbuch nutzen.
Der Ablauf des Klassenrats ist immer gleich und wird in Form einer Wandtafel im Klassenraum visualisiert.
- Begrüßung
„Hiermit eröffne ich den Klassenrat.“
- Bericht aus der Kiko
Information über Diskussionen und Vorschläge in der Kiko
Gibt es etwas, das wir in der Kiko ansprechen sollen?
Wie sollen wir bei Themen aus der Kiko entscheiden?
Diese Phase können die Klassensprecher der Partnerklasse gemeinsam moderieren. Dann muss der Ablauf in einer der beiden Klassen entsprechend umgestellt werden.
- Vergabe der Ämter
Alte Amtsinhaber wählen neue aus.
- Vorlesen des Protokolls
Erinnerung an Absprachen und Überprüfung der Einhaltung
- Positive Runde
Blitzlicht - z.B. Das hat mir in der letzten Woche gut gefallen /
Das möchte ich loben / Ich möchte meine Anerkennung ausdrücken dafür, dass…
- Bearbeitung der Einträge im Klassenratsbuch
Vorlesen des Anliegens
Frage: „Ist das noch aktuell?“ (Oft haben sich die Vorfälle schon erledigt)
Verfasser erläutert seinen Eintrag.
Ggf. erhält der Kritisierte das Wort und stellt seine Sichtweise dar.
Diskussion der ganzen Klasse
Suche nach Lösungsvorschlägen (Ziel: Wiedergutmachung statt Strafe)
Beschlussfassung (meist durch Abstimmung)
Die Beschlüsse des Klassenrates werden im Klassenratsbuch vermerkt (Protokoll). Dies kann in der E-Stufe auch der Lehrer anfertigen.
- Schließen des Klassenrats
„Hiermit beende ich den Klassenrat.“
Die Kinder werden dazu angeleitet, in begründeten Ich-Botschaften zu sprechen. Das bedeutet, dass das kritisierte Kind direkt angesprochen wird („Wenn du… bin ich…weil…und ich möchte…“)
Stimmt ein Kind, das kritisiert wird, einem Gespräch im Klassenrat nicht zu, dann hat es folgende Möglichkeiten: die Streitpartner können zur Kindersprechstunde gehen oder mit dem Klassenlehrer sprechen. Ggf. kann auch ein Extraklassenrat als Jungen- oder Mädchenrunde stattfinden, in dem auf immer wiederkehrende Probleme in der Jungen- oder Mädchengruppe eingegangen wird.
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[1] Friedrichs, Birte: Praxisbuch Klassenrat, Weinheim und Basel 2009, S.9